Eine Erzählung aus dem Leben – basierend auf einer wahren Begebenheit
Für Nadin
Stell dir vor, du folgst jemandem auf Instagram. Immer wieder siehst du diese Person in deinem Feed, kannst dich irgendwann schon gar nicht mehr dran erinnern, wann und warum du anfangs auf „folgen“ geklickt hast, doch mit jedem Post, den du dir durchliest, steigt deine Begeisterung. Es gibt keinen bestimmten Grund, zumindest keinen ersichtlichen, du bist einfach begeistert von diesem Menschen, allumfassend. Hin und wieder kommentierst du dessen Posts, er kommentiert deine, ab und zu tauscht ihr DMs aus, aber ‚richtige‘ Gespräche gibt es bisher keine.
Eines Tages, aus einer Situation heraus, sendest du ihm eine Nachricht im Bezug auf einen Kommentar, den du unter einen seiner Posts geschrieben hast, weil du das Bedürfnis verspürst, ein wenig mehr Betonung auf deine Worte und die Ernsthaftigkeit derer zu legen. Weil es dir wichtig ist, dass dein Gegenüber weiß, dass du es wirklich so meinst; weil du das Gefühl hast, die Person auf der anderen Seite wird es schätzen, weil sie merkt, du meinst es zu 100 Prozent ernst.
Und plötzlich kommt ihr ins Gespräch.
Ihr fangt an, immer wieder DMs auszutauschen, und merkt schnell, dass es zwischenmenschlich einfach passt. Also tauscht ihr Handynummern aus und steigt auf einen anderen Messenger um. Im Gegensatz zu den meisten anderen neuen Kontakten gibt es nicht eine Situation, die sich komisch oder gar befremdlich anfühlt, im Gegenteil – mit jeder ausgetauschten Nachricht fühlst du dich nur verbundener zu der zuvor noch unbekannten Person.
Immer wieder findest du dich tippend in eurem Chat, ein Thema nach dem anderen diskutierend, wieder; von tiefgründigem Philosophieren bis hin zu alltäglichem Schwachsinn ist alles dabei. Schon nach kürzester Zeit fühlst du dich verbunden zu ihr, auf einer ganz neuen Ebene. Da sind keine romantischen Gefühle, da ist keinerlei Anziehung, keine komische Nervosität beim Chatten – da ist einfach eine Verbundenheit.
Ein bisher unbekanntes Gefühl von Verbundenheit, das nicht in Worte zu fassen ist.
Tage und Wochen vergehen, irgendwann kannst du dich nicht mal mehr daran erinnern, wann ihr angefangen habt, regelmäßig miteinander zu schreiben. Als du nachschaust, bist du überrascht – es kommt dir nicht so lang vor, und doch so viel länger. Zeit, ein ganz komisches Konzept – von Menschen erschaffen, letztendlich doch nichtssagend – doch dir kommt es vor, als kennt ihr euch schon euer Leben lang. Schließlich ist da etwas, das euch verbindet, das muss doch etwas zu bedeuten haben. Und genau so ist es auch.
Mit jedem weiteren Tag, mit jedem weiteren Gespräch bestätigt sich dein anfängliches Gefühl nur mehr, bis zu dem Tag, an dem ihr euch zum ersten Mal gegenübersteht. Erste Treffen sind immer aufregend, doch was sonst mit zu vielen Gedanken und Sorgen einhergeht, scheint plötzlich wie das einfachste auf der Welt. Auf dem Weg zu eurem Treffen bist du zwar nervös, doch nicht auf die negative Art und Weise, du freust dich einfach sehr. In dem Moment, als ihr euch tatsächlich in die Augen schauen, einander zum ersten Mal umarmen und Zeit miteinander ohne einen Bildschirm dazwischen verbringen könnt, bestätigt sich dein anfängliches Gefühl ein weiteres Mal.
Und so entsteht aus einer intuitiven Nachricht ohne Hintergedanken eine einzigartige Freundschaft mit einem Menschen, den du ohne die Intuition, ihm genau diese Nachricht zu schicken, vielleicht heute noch vermissen würdest, ohne dass es dir bewusst wäre.