Manchmal ist es besser zu schweigen.

„Manchmal bereitet es Leuten, die selbst keine Ziele haben, besondere Freunde, andere niederzumachen, die etwas Großartiges erreichen wollen.“

– John Strelecky, aus „Überraschung im Café am Rande der Welt“
Beim Lesen dieser Zeile kamen mir tausend Gedanken und Momente aus meiner Vergangenheit in den Kopf.

Ich fühle mich, als beschrieben diese Worte genau das, was ich mein ganzes Leben lang durchmachen musste. Seit ich denken kann, hatte ich Träume und das Ziel, diese Träume zu verfolgen. Doch ich habe mich bremsen lassen – aufgrund der Aussagen anderer Menschen. Die meiste Zeit fand ich das sehr frustrierend und war sehr deprimiert, vor allem, weil ich nie verstanden habe, warum nahezu jeder Mensch etwas gegen meine Ziele zu haben scheint, doch wenn ich meinen Blick darauf verändere und es so betrachte, dass diese Menschen selbst keine Ziele haben und sie deshalb negative Dinge zu Menschen wie mir – die eben Ziele haben – sagen, verändert sich auch mein Blick auf die Aussagen an sich.

Einerseits verschwindet die Frustration zwar nicht dadurch, doch sie ist nicht mehr so stark, sie ist nicht mehr das nahezu einzige, was ich spüre. Andererseits jedoch – und das ist der entscheidende Unterschied – kann ich mich besser in diese Menschen hineinversetzen und fange an, ihre Gründe zu verstehen. Warum man seine eigenen Sorgen und Zweifel auf andere projizieren und sie dafür fertigmachen sollte, dass es ihnen dahingehend anders geht, erschließt sich mir zwar nicht zu 100 Prozent, ich empfinde es jedoch durchaus als menschliche Reaktion.

Schließlich sehnen wir uns doch in den allermeisten Fällen nach dem, was wir eben nicht haben. Wir bemerken Dinge an anderen, die wir bei uns nicht sehen und fangen daraufhin an, uns mit ihnen zu vergleichen. Daraus resultiert Unzufriedenheit – und da es einfacher ist, andere für etwas verantwortlich zu machen, als etwas an uns beziehungsweise in unserem Leben zu verändern, projizieren wir unsere innere Negativität auf andere und machen sie für genau das fertig, wonach wir uns insgeheim sehnen. Ob wir uns das eingestehen (können) oder nicht, ist eine andere Sache, doch ich denke, jeder Mensch war schon mal an so einem Punkt.

Was können wir also tun, um einerseits besser mit solchen Situationen umgehen zu lernen,
andererseits aber auch vermeiden, dass wir andere in genau dieselbe Lage bringen?

Ehrlich gesagt fällt es mir schwer, eine eindeutige Antwort darauf zu finden. Vor allem liegt das daran, dass keine der Ideen, die mir direkt in den Kopf kommen, leicht umzusetzen ist. Sicherlich könnte man sagen, dass man „einfach“ aufhören sollte mit anderen Menschen zu vergleichen, nichts mehr auf die Meinung anderer geben und „einfach“ das durchziehen sollte, was einem selbst wirklich wichtig ist. Doch es ist eben nicht so einfach, wie man es sagen kann.

Ich bin selbst noch nicht an dem Punkt angekommen, dass ich behaupten könnte, es fällt mir leicht, mein Ding durchzuziehen. Es wird zwar mit der Zeit immer wieder etwas leichter, doch meine internalisierten Zweifel, die unter anderem eben durch Situationen wie im Zitat von John Strelecky beschrieben entstanden sind, sind stark.

Wie sollte man auch nicht anfangen zu zweifeln, wenn einem jahrelang – nahezu das ganze Leben lang – gesagt wurde,
dass es unmöglich ist, die Ziele zu erreichen, die man sich seit man denken kann erträumt?

Beim Schreiben dieser Frage hatte ich eine Erkenntnis; ich habe realisiert, was es für mich schon immer erleichtert hat, an mich zu glauben und meine Träume weiterhin zu verfolgen. Vermutlich ist es offensichtlich: Positives Feedback – und damit einhergehend das Gefühl, dass andere Menschen an einen und das, was man tut, weil man es liebt, glauben. Diese Erkenntnis hatte ich nicht zum ersten Mal, ehrlicherweise habe ich sie immer wieder, vor allem in genau solchen Momenten wie gerade beschrieben. Ich denke dabei an Aussagen wie:

„Ich mag, wie du schreibst.“
„Deine Worte berühren mich.“
„Deine Texte sind inspirierend.“
„Wenn ich deine Worte lese, fühle ich mich verstanden.“
„Sei stolz auf das, was du machst, denn du machst es gut.“

Wenn ich Aussagen wie diese höre, motiviert es mich extrem, daran festzuhalten, was ich liebe und weiter dafür zu kämpfen. Es lässt mich mit jedem Mal mehr an mich glauben. In all den Jahren, in denen ich nun schon schreibe und meine Texte mit der Welt teile, hat sich einiges verändert. Es kommt immer häufiger vor, dass mich solche Aussagen erreichen, und doch kommt es mir immer wieder etwas surreal vor, eben weil sich ursprünglich niemand dafür interessiert hat, was ich mache. Und das ist schön. Ich finde es unglaublich schön, solche Aussagen auf mich bezogen zu lesen. Zu wissen, dass Menschen so etwas über meine Texte sagen, erfüllt mich mit Stolz und Freude, und es zaubert mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht. Doch es gibt auch die Kehrseite davon – Menschen, die keinen Gefallen an dem, was ich mache, finden. Allgemein könnte man nun sagen, dass Kunst in jeglicher Form immer Geschmackssache ist und niemand alles mögen kann – und darin steckt verdammt viel Wahrheit. Dennoch macht es das Gefühl nicht schöner, das ich spüre, wenn mich jemand für meine Leidenschaft fertigmacht.

An dieser Stelle muss ganz deutlich zwischen (konstruktiver) Kritik und Feindseligkeit unterschieden werden. Ohne konstruktive Kritik wäre ich heute niemals an dem Punkt, an dem ich bin. Ohne Menschen, die sich die Zeit für meine Kunst genommen und mir danach Feedback gegeben haben, hätte ich mich niemals so weiterentwickeln können. Doch Feindseligkeit ist nur schmerzhaft – womit wir wieder beim ursprünglichen Zitat wären.

Es ist okay, dass nicht jedem alles gefällt, das ist auch schlichtweg nicht möglich.
Aber es ist niemals okay, andere für das fertigzumachen, was sie lieben, worin sie viel Zeit und vor allem Herz investiert haben.

Ich frage mich, warum es vielen Menschen so schwerfällt, freundlich zu sein und lieber nichts zu sagen, anstatt nur Negativität (und im schlimmsten Fall sogar Hass) zu verbreiten.

Wenn dir etwas nicht gefällt, du jedoch keine konstruktive Kritik geben kannst oder möchtest,
was führt dich zu der Entscheidung, lieber etwas Verletzendes zu sagen, anstatt einfach nichts zu sagen?

Vor allem im Internet sehe ich da große Probleme. Einerseits ist es sehr leicht, seine Identität nicht offenbaren zu müssen, was viele Menschen dazu verleitet, böse zu sein und Dinge zu sagen, die sie im echten Leben vermutlich nie sagen würden. Andererseits ist es aber auch sehr leicht, seine Meinung für sich zu behalten.

Warum also nicht einfach weiterscrollen, anstatt sich die Mühe zu machen,
Zeit darin zu investieren, einen anderen Menschen zu verletzen?

Es ist doch wirklich nicht so schwer, ein freundlicher Mensch zu sein.

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